Montecristo – Schatzsuche auf der sagenumworbenen Insel
Endlich habe ich sie besucht, die Insel Montecristo. Die winzige Mittelmeerinsel hatte schon Alexandre Dumas fasziniert.
Seinem berühmten Romanhelden hat sie einen mysteriösen Schatz und einen schönen Namen beschert.
Heute ist Montecristo ein streng geregeltes Naturschutzgebiet. 1725 Personen dürfen die Insel pro Jahr besuchen. Jeweils im Januar schaltet der toskanische Parco del Arcipelago die verfügbaren Tickets online. Sie sind im Nu ausverkauft.
Alexandre Dumas hat die Insel nie besucht. Er verbrachte einige Zeit auf den nahe gelegenen Inseln Pianosa (heute eine Gefängnisinsel) und Elba, wo er zum ersten Mal vom sagenumworbenen Schatz erfuhr. Der Komponist Giacomo Puccini versuchte nach Montecristo zu segeln, schaffte es aber wegen zu starker Südwinde nicht.
Auch ich war kurz davor, unseren Tagesausflug abzubrechen. Als ich an einem kalten Märzmorgen in Piombino aufs Boot stieg, herrschte mare mosso, raue See. Zehn Minuten nach der Abfahrt begann ich heimlich, die genaue Anzahl an Rettungswesten an Bord zu prüfen. Der Wellengang war so hoch, dass einige Passagiere das Schiff in Porto Azzurro, dem ersten Halt auf der Insel Elba, frühzeitig verliessen.
Ich wollte mich ihnen anschließen, aber meine Reisebegleiterin weigerte sich. Schliesslich hatten wir im Januar schon satte 130€ für den Tagesausflug bezahlt.
Eine Meeresgöttin muss unser Gespräch belauscht haben. Sie belohnte unseren Mut mit einem etwas sanfteren Wellengang. Dankbar kletterten wir wieder an Deck und sahen zu, wie der steil aus dem Meer ragende Berg langsam näher rückte.
Zwei Carabinieri und ein Wächter, die dauerhaft auf Montecristo leben, begrüßten uns nach der Ankunft. Ein Guide, der wie eine moderne Inkarnation des Grafen aussah, führte uns auf eine steile Wanderung hinauf zum alten Kloster. Jahrhundertelang besuchten Pilger das Kloster auf der Insel. Sie brachten Geschenke für die Mönche und Votivgaben, was wohl die Grundlage für die Gerüchte über einen auf der Insel verborgenen Schatz darstellt. Nach dem Verfall des Klosters sollte aus dem Inselparadies ein exklusiver Yachthafen werden. Glücklicherweise griff die italienische Regierung ein. Schon 1971 wurde Montecristo zum Naturschutzgebiet erklärt.
Zurück auf dem toskanischen Festland freue ich mich jedes Mal wenn ich Montecristos schroffe Silhouette erspähe. Dabei denke ich jeweils an die beiden Carabinieri, die auf der einsamen Insel stationiert sind, umgeben von Wildziegen und sizilianischen Vipern (niemand weiss, wie sie auf die Insel gelangt sind, aber allenfalls wäre das Stoff für ein weiteres Buch).
Von März bis Oktober unterbrechen vom Grafen inspirierte Reisegruppen einmal die Woche die Ruhe auf der Insel. Vor ein paar Jahren wurde einer der Besucher festgenommen, nachdem er sich eigenständig auf Schatzsuche begeben hatte.
Von Piombino aus dauert die Überfahrt drei Stunden. Eine sechsstündige Bootsfahrt ist etwas lang für einen Tagesausflug. Mein Tipp: auf der Insel Elba können sie die Insel Montecristo gemütlich von Villa La Corvettas Pool aus bewundern. Der Graf von Monte Christo liest sich auch hier bestens, und nicht jedes Mysterium muss unbedingt entschlüsselt werden.