IN ITALIEN LOHNT SICH JEDER UMWEG
Wir kennen es alle – jahrelang kommt man am selben Ort vorbei und beachtet ihn kaum. Doch eines Tages, der Himmel weiß, warum, entschließt man sich, eine Pause einzulegen und die Dinge einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Eines Morgens im vergangenen Juli ließ mich mein Instinkt meine normale Route verlassen und ich hielt in Chianciano Terme, einem kleinen toskanischen Städtchen. Sollten Sie schon einmal in La Foce gewesen sein, haben Sie sicher schon davon gehört. Seine Glanzzeit hatte die Therme in den 50er Jahren. Frederico Fellini war seinerzeit auf Kur hier und das Ambiente inspirierte ihn zu einigen Szenen seines 1963 gedrehten Filmes 8½.
Heute ist es schwer zu verstehen, warum Fellini von Chianciano Terme so angetan war. Die Bausünden des Tourismus-Booms des 20. Jahrhunderts sind hier zahlreich vertreten. Aber man darf ja nicht aufgeben – machen Sie es wie ich und besuchen Sie den Acqua Santa Thermen-Park , gehen Sie in die Salone Nervi Halle und betrachten Sie den Himmel. Die atemberaubende Kuppel, die sich über Ihnen spannt, wurde vom weltberühmten Architekten Pier Luigi Nervi geplant, der damals Pionierarbeit im Bereich Stahlbeton leistete.
Viele Meisterwerke Nervis findet man in Rom, wie das Stadion, das er für die Olympischen Spiele 1960 errichtete, oder die Audienz-Halle des Papstes im Vatikan. Aber manche seiner Werke findet man auch im Ausland. Seine unverkennbare Handschrift erkennt man an der George Washington Bridge Station in New York, an der Kathedrale St. Mary in San Francisco oder am UNO-Gebäude in Paris.
Das ganze Ensemble der 50er-Jahre-Architektur des Acqua Santa Thermen-Parks ist somit ein Fest für die Augen. Und sollten Sie den Salone Nervi betreten, treffen Sie vielleicht das eine oder andere italienische Paar, das unter der gewaltigen Kuppel ein Tänzchen wagt. Vermutlich genießen Sie das Wasser und den Zauber von Chianciano seit den Zeiten von Fellini…